Patientin G., 23 Jahre alt, hat das Gefühl, ihre Nase sei „anders“. Patientin D., 18 Jahre, glaubt fest daran, dass sie schlecht rieche. Patient T., 20 Jahre, ist sich sicher, ständig ausgelacht
zu werden. „Zuerst wusste er nicht weshalb, doch dann, als er sich einmal im Spiegel betrachtete, ‚erkannte‘ er den Grund des Spottes: ‚Der Unterkiefer hatte sich verformt‘“.
Eine psychiatrische Anstalt. Sieben Patienten. Alle leiden an derselben Krankheit: Dysmorphomanie. Sie sind besessen von der Vorstellung, einen Defekt zu haben und versuchen, ihre angeblichen
Deformationen zu verbergen. Die Anstaltsleitung glänzt derweil durch Zwang und Abwesenheit. Nur durch einen Lautsprecher erteilt sie den Befehl: „Spielen“! Und so wirft sich die Gruppe von
Patienten in Theaterkostüme. Ein Karussell aus Shakespeare-Szenen beginnt sich rasend zu drehen. Sein oder Nicht-Sein. Die Anstalt wird zur Bühne.
Vladimir Sorokin, geboren 1955 bei Moskau, zählt zu den bekanntesten Schriftstellern und Dramatikern Russlands. Als scharfer Kritiker der russischen Eliten gerät er immer wieder in Konflikt mit
regimetreuen Gruppierungen. Nach dem gefeierten Roman Der Schneesturm (2012) veröffentlichte er 2015 mit Telluria eine fulminante Zukunftsvision der Welt um die Mitte des 21.
Jahrhunderts. Vladimir Sorokin wurde national und international für seine literarische Arbeit ausgezeichnet. Das Stück Dysmorphomanie schrieb er im Jahr 1992, als die neue Freiheit die
zerfallene UdSSR ins gesellschaftliche Chaos stürzte. Am Schauspiel Stuttgart kommt die Parabel über psychiatrischen Zwang und den Wert der Freiheit mit dem 3. Jahrgang der Stuttgarter
Schauspielschule auf die Bühne. Nach dem Theaterprojekt Schulden. Die ersten 5000 Jahre (David Graeber) und den Produktionen Seymour (Anne Lepper) und Das schweigende Mädchen
(Elfriede Jelinek) ist Dysmorphomanie die vierte Koproduktion mit der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart.
BESETZUNG:
Mattea Cavic, Ognjen Koldzic, Simon Mazouri, Viktoria Mikhnevich, Mark Ortel, Franziska Maria Pößl, Vera Maria Schmidt